Frakturen/Brüche im Bereich der Lendenwirbelsäule
Die meisten der etwa sechstausend schweren Verletzungen der Wirbelsäule in Deutschland pro Jahr betreffen den Abschnitt der Brust- und Lendenwirbelsäule. Verkehrs- und Arbeitsunfälle sowie Risikosportarten und Motorradfahren sind Hauptursachen. Während leichtere Verletzungen konservativ, d.h. ohne Operation behandelt werden, führen komplexe Verletzungen der Wirbelsäule häufig zu einer instabilen Situation, bei der jede Belastung und Verdrehung oder Verschiebung der Wirbelsäule zu einer Nerven- oder Rückenmarkschädigung führen kann. Etwa 20% der von einer schwereren Wirbelsäulenverletzung betroffenen Menschen erleiden dabei eine unvollständige bis komplette Lähmung.
Einteilung der Frakturen
Nach Magerl werden die Frakturen in drei Typen eingeteilt.
Bei der A – Fraktur (Kompressionsbrüche, d.h. Quetschungsbrüche) sind die hinteren Strukturen der Wirbelsäule intakt, es ist die vordere Säule, d.h. der Wirbelkörper betroffen. Unterschieden werden stabile A 1 – Frakturen (Deckplattenimpression) bis zu sehr instabilen A 3 – Frakturen (Berstungsbrüche), wo auch Knochenteile in den Wirbelkanal rutschen können und das Rückenmark quetschen. Die intakten, hinteren Anteile der Wirbelsäule schützen vor Überstreckung.
Bei den B – Frakturen (Distraktionsbrüche, d.h. Überdehnungsbrüche) kommt es zu einem teilweisen oder kompletten Verlust der Bandstabilität und zu Brüchen im Bereich der Wirbelgelenke. Es sind überwiegend die hinteren, d.h. dorsalen Strukturen betroffen. Seitliche Verschiebungen sind möglich, ebenso die direkte Bandscheibenschädigung.
Die C – Frakturen (Verdrehungsbrüche) sind die gefährlichsten Wirbelfrakturen, da sie die höchste Instabilität aufweisen. Diese Frakturen weisen neben der Zerreißung der hinteren Bandstrukturen und des vorderen Wirbelkörperbruchs (Kombination aus A und B) noch eine Rotationskomponente auf, d.h. Verdrehung. Sie sind Folge eines sehr schweren Unfalls.
Diagnostik
In der klinischen Untersuchung zeigt sich ein heftiger Schmerz an der Stelle des Wirbelbruches. Teilweise lassen sich Blutergüsse nachweisen. In der neurologischen Untersuchung werden eventuelle Schäden des Rückenmarkes oder der Nerven beurteilt. Brüche im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule können zu einer Querschnittslähmung führen. Die Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule ist eine Basisdiagnostik. Hier zeigen sich oft schon deutliche Hinweise auf eine Wirbelköperzerreissung oder -zerstörung.
Weiterführende Untersuchungsverfahren, sind die Computertomographie (CT) und die Kernspintomographie (MRT). Die Computertomographie zeigt Einzelheiten der erlittenen Fraktur und es kann eine 3D-Darstellung erfolgen. Im MRT lassen sich eventuelle Beteiligungen der Bandscheiben und des Rückenmarks nachweisen oder ausschließen.
Behandlung
Das Behandlungsziel ist deshalb die schnellstmögliche Wiederherstellung von Stabilität, Belastbarkeit und Form der Wirbelsäule. Bei einer Kompression des Rückenmarks durch ein Frakturfragment, wie dies bei Berstungsbrüchen vorkommen kann, ist die Entlastung der Rückenmarks vordergründig. Durch die Fortschritte in der Wirbelsäulenchirurgie können auch schwerste Verletzungen mit einem geringen Risiko und häufig minimalinvasiv korrigiert und stabilisiert werden. Dabei werden Stabilisierungssysteme (Schrauben und Stangen) verwendet, um die Wirbelsäule wieder auszurichten und zu befestigen. Wichtig ist auch eine Aufrichtung und Unterstützung der vorderen Säule (d.h. des kaputten Wirbelkörpers). Häufig vor allem bei A.1.3—Frakturen genügt eine Einspritzung von Knochenzement. ähnlich der Kyphoplastie bei osteoporotischen Frakturen. Es wird jedoch ein anderer Zement verwendet, der biologisch zu Knochen umgebaut wird. Bei komplexen Brüchen mit Beteiligung der Bandscheiben muss häufig der Wirbelkörper entfernt und durch ein Implantat ersetz werden. Dabei wird zur Vermeidung von Rotation eine seitliche Platte angebracht.