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Schraube oder Spritze - Pro und Contra Wirbelsäulenoperation

Es gibt sehr viele Negativmeldungen zur Wirbelsäulenoperationen.
Allgemeiner Tenor ist: Es wird zu viel und oft unnötigerweise operiert. Außerdem soll –laut diversen Presseberichten zu Folge - der Hauptgrund für Wirbelsäulenoperationen die Gewinnsucht der Krankenhäuser und Chirurgen sein. Der Patient ist das Opfer.

Mit solchen Beiträgen sind derzeit viele Zeitschriften und Fernsehsendungen gefüllt. Die Aussagen werden häufig mit Einzelfall-Beispielen belegt bzw. Ärzte zitiert, die auch ohne Operation schwierigste Fälle heilen. Dies verunsichert sehr viele Patienten, vor allem diejenigen, denen gerade eine Operation empfohlen wurde. Es ergibt sich sofort die Frage: Na dann vielleicht doch lieber den Schmerz ertragen?

Was steckt jedoch hinter solchen Kampagnen? Man kann nur spekulieren. Aber es ist erstaunlich, dass man derzeit mehr über die Gefahren von Wirbelsäulenoperation liest als über die Gefahren des Rauchens oder des Übergewichts. Die Verunsicherung führt auch dazu, dass trotz Lähmungen und Gehunfähigkeit Patienten vor Operationen zurückschrecken und sich für eine Operation entscheiden "wenn nichts mehr geht" und dadurch die Erfolgsaussichten schon deutlich geringer sind. Denn wenn manifeste neurologische Ausfälle, wie Lähmungen oder Gefühlsstörungen über längere Zeit bestehen, dann bilden sich diese auch nicht mehr vollständig zurück. Dies führt dann scheinbar zur Bestätigung, dass Operationen nichts bringen, so beißt sich die Katze in den Schwanz.

Auf der anderen Seite werden Rücken-Patienten häufig über einen Kamm geschert. Es wird nicht unterschieden zwischen dem unspezifischen Rückenschmerz, dem akuten Bandscheibenvorfall, der Wirbelkanalverengung oder der Wirbelsäuleninstabilität. Dabei ist dies besonders wichtig. So gibt es für den unspezifischen Kreuzschmerz, der häufigsten Ursache für Rückenschmerzen klare Leitlinien und Therapieempfehlungen. Die Ursache dieser Schmerzform ist rein muskulär im Sinne einer Überlastung bzw. Bewegungsarmut und entsprechend wird auch therapiert.

Auch für den akuten Bandscheibenvorfall, die Wirbekanalverengung oder Wirbelsäuleninstabilität gibt es Stufenprogramme für die Behandlung, die von den entsprechenden Fachgesellschaften herausgegeben werden. Jeder verantwortungsvolle Wirbelsäulenchirurg wird sich an diese Leitlinien halten, denn im Zweifelsfall muß er sich rechtfertigen, warum er operiert hat. Diese Leitlinien favorisieren klar konservative Therapiemaßnahmen mit denen ca. 80% der Patienten mit akuten Bandscheibenvorfällen geheilt werden können. Prinzipiell muß man sagen, dass durch die konservative Therapie nicht wirklich aktiv der Bandscheibenvorfall geheilt wird, sondern die Therapie zielt darauf, die mit dem natürlichen Heilungsprozess verbundenen Unannehmlichkeiten zu beseitigen und dem Körper Zeit zur Selbstheilung zu geben. Denn der Körper verfügt über ein Reparatursystem, nämlich das Immunsystem, das Wunden zur Heilung bringt. Eine solche Wunde stellt auch der Bandscheibenvorfall da. Die Wundheilung ist allerdings mit einer lokalen Entzündung verbunden. Diese führt zu Schmerzen und reflektorisch zu Muskelverspannungen. Der lokale Druck des Bandscheibenvorfalls und das begleitende Nervenödem können dann neurologische Ausfälle verursachen. Die konservative Therapie beinhaltet Medikamente zur Schmerzbekämpfung, Eindämmung der Entzündungsreaktion (auch als Spritze, die so genannte PRT) und Beseitigung von Muskelverspannungen. Allerdings schaffen wir mit der konservativen Therapie nur eine Heilung bei ca. 80% der Patienten, d.h. bei 20% reichen die Selbstheilungskräfte nicht aus und das Problem chronifiziert, d.h. es bleibt ungelöst. Um jedoch aus einem akuten Bandscheibenvorfall kein Dauerproblem werden zu lassen, sollten nach einem 6 bis 12wöchigen konservativem Therapieversuch über eine Operation nachgedacht werden. Es ist wie mit dem Kaiserschnitt, natürlich sollte das Kind auf normalem Wege geboren werden, wenn dies jedoch nicht funktioniert, sollte man es nicht erzwingen wollen und Schäden riskieren, sondern lieber zu einem Hilfsmittel greifen. Zumal Bandscheibenoperationen heute durch die Endoskopie mit sehr wenig Umgebungsschaden auskommen und prompt das Problem lösen. Es ist einbißchen wie den Stöpsel ziene, damit das Wasser wieder fließen kann.

Etwas anders verhält es sich mit Einengungen des Wirbelkanals und Wirbelsäuleninstabilitäten. Hier sind die langfristigen konservativen Erfolgsaussichten eher ungünstiger, da ein durch Knochen, Bänder und Bandscheibengewebe verengter Kanal durch konservative Maßnahmen nicht weiter wird und der Körper selbst das Problem nicht beseitigen kann, d.h. der Prozess schreitet langsam voran. Trotzdem kann man durch konservative Therapiemaßnahme eine Schmerzlinderung erreichen. Es kommt dann darauf, wie sich der Patient mit seinen Beschwerden und wiederholten Therapien arrangiert. Auch hier gilt, wenn der Patient von der konservativen Therapie profitiert und Lebensqualität, Mobilität und Belastbarkeit erhalten werden können, dann besteht keine Notwendigkeit zur Operation. Es ist nicht der vereiterte Blinddarm, der raus muß.

Wirbesäulenoperationen sind keine lebensnotwendigen Operationen. Wenn jedoch Leistungseinbußen zu verzeichnen sind und der Patient auf Aktivitäten - speziell Bewegung - infolge Schmerzen verzichten muß, sollte über eine Operation nachgedacht werden. Auch hier gilt es den Zeitpunkt nicht in einen Bereich zu verlegen, wo Schäden nicht mehr umkehrbar werden. Die Operation steht in vielen Fällen nicht an erster Stelle, sie sollte jedoch nicht zwangsläufig an absolut letzter Stelle stehen. Häufig kommen Patienten im hohen Alter mit Nebenerkrankungen, gehunfähig in die Praxis, wo man als verantwortungsvoller Wirbelsäulenchirurg sagen muß, dass man leider nicht mehr helfen kann, da voraussichtlich auch nach der Operation die Beschwerden bleiben würden, da Schädigungen sich nicht mehr umkehren lassen. Häufig denkt man auch: Schade, dass der Patient/die Patientin nicht früher gekommen ist, wo man mit einer kleinen Operation sehr gute Erfolgsaussichten hatte.

Aus Erfahrung weiß man, dass es nicht darauf ankommt, kurzfristig Verkaufszahlen zu steigern, sondern Vertrauen in ein Produkt bzw. eine Marke zu schaffen, da nur dies den langfristigen Erfolg sichert.
Deshalb würde ich mich freuen, falls Sie Rückenprobleme haben, Sie in unserer Praxis begrüßen zu dürfen und Sie von unserem Konzept zu überzeugen.